Virtuos, witzig und "spielversprechend"

Buchen. (adb) Klavier und Kabarett, Anekdoten und Absurditäten, Spielverderber-Namen und Eierschalenmützen – und eine sympathische Akteurin mit schneller Zunge und schnellen Fingern: Anne Folger bescherte dem Publikum von „Buchen in Concert“ am Sonntag einen locker-vergnüglichen Kulturabend unter dem Motto „Spielversprechend“ – denn wo das Leben auch immer stattfindet, will es gespielt werden.
Mit sprühendem Wortwitz führte Anne Folger, im südbadischen Kirchzarten zuhause, durch den Abend. Das tat sie mit Ausführungen zu Themen, die vielen gleich bekannt vorgekommen sein dürften – aus eigenem Erleben oder vom Hörensagen. Bestens unterhalten wurde man etwa mit den Hinweisen zum„stigmatisierten“ Leben als Single: Findet jeder Topf seinen Deckel? Nicht ganz: Mancher fühlt sich als Bratpfanne ungleich wohler! Ein Grund für freiwilliges Alleinsein liegt auf der Hand: Spielverderber-Namen möchte man sich einfach nicht antun – wenn man in der dritten Klasse einen Nico für doof hielt, will man mit 40 Lenzen keinen Nico neben sich stehen, sitzen und liegen haben! Mitunter befruchten sich Vor- und Nachname auch in gar sonderbarer Weise gegenseitig, was den tendenziell negativen Eindruck verschärfen kann. Das auch in musikalischer Hinsicht, wie Anne Folger bekannt gab: Ein „Anton aus Tirol“ werde allezeit mit dem bekannten Schlager eines „Mannes mit Eierschalenmütze“ in Verbindung gebracht – erst recht nach der dritten Gerstenschorle...!
Das Los hat aber auch eine gewisse Adeline hart getroffen: Nachdem Richard Clayderman ihr 1977 ein zuckersüßes Instrumental gewidmet hatte, zog sie nach Südfrankreich und fristet dort ihr Dasein im musikalischen Zeugenschutzprogramm. So müsste es statt „pour Adeline“ doch „poor Adeline“ heißen – natürlich, nachdem man im Sprachdschungel vom Französischen ins Englische mäanderte. Nun durfte Clayermans Hymne auf Adeline nicht fehlen, (flügel-)federleicht in die Tasten des echten Steinways gehauen!
Ja, die Musik: Wenn sie auf Namen trifft, lässt einen das nicht kalt. Das weiß Lucy „in the sky with diamonds“ ebenso wie das mehrfach honorig preisgekrönte Ännchen von Tharau auf der Bühne, das jahrelang von der Internatsleiterin „im stillen Timbre einer räudig gurrenden Stadttaube“ mit dem gleichnamigen Volkslied gepiesackt wurde. Da hat es immerhin keine Spuren hinterlassen, was für Anita nicht gerade gilt: Sie hat bis heute traumatische Erinnerungen an das Cordalis-Chanson und pilgert Jahr fürJahr nach Mexiko, um irgendwo im Nirgendwo ihre große Liebe zu suchen.   

Und wie war das doch gleich mit der Mona Lisa? Bei Heidi Klum dürfte sie mitmachen – die Gute stehe doch auf Vielseitigkeit oder „Diversity“, wie’s auf Neudeutsch der Wind durch die Gassen pfeift. Da stelle auch niemand die Frage nach der „Jawline“: Klare Kante steht aktuell nicht sehr hoch im Kurs, nur bei derJawline sieht das anders aus – was Anne Folger mit genussvoller Grimasse plastisch zum Ausdruck brachte. Die Schönheit kommt immerhin vom Glücklichsein!
Es sei denn, man(n) trägt Camp David wie ein norddeutscher Poptitan: Vor vielen Jahren, so vertraute Anne Folger ihrem Publikum an, nahm sie beim Supertalent teil. Die Sequenz fand nie den Weg auf die Mattscheibe, die Erinnerung blieb – zum Beispiel an Thomas Gottschalk: Er hatte gesagt, die richtigen Frauen seien am richtigen Instrument, aber nicht am richtigen Ort. Und auch der liebe Dieter hatte einen guten Tag, obwohl er eines manifestierte: Camp-David-Hemden und echte Chauvis passen gut zusammen –sie sind bunt, grell und unreflektiert, selbst wenn sie Hans-Peter heißen, nach der Arbeit ein Bierchen trinken und sich im Camp-David-Hemd nach einem Leben in wahrer „Dieterhaftigkeit“ sehnen.
Selbst in der morbiden Moderne Paderborns, wo schiefe Wände als Hommage an die Pisa-Studie gelten und Tristan und Isolde zu Tristesse und Isolierung mutieren, könne man es dann ganz gut aushalten – ohne Schwarzmalerei: „Paint It Black“ der Rolling Stones durfte beim spritzigen Klavier-Kabarett nicht fehlen, das Publikum wusste es zu goutieren und lag sich beim Lachen in den Armen.
Übrigens trug auch die Bestuhlung der Stadthalle zum persönlichen Charakter des Abends bei: Uwe Heck und Wigbert Heyder hatten mit Sitzgruppen anstelle der klassischen Stuhlreihen ein gemütliches „Kabarett-Kabinett“ geschaffen, an dem gepflegt angestoßen werden konnte – für prickelnde Getränke war der Förderverein der JMK-Musikschule zuständig, während Sarah Wörz als Vertreterin der Stadt Buchen einmal mehr als Organisatorin brilliert hatte: „Buchen in Concert“ steht für „ankommen und wohlfühlen“ sowie gute Unterhaltung – auch (oder erst recht!) mit Anne Folger. So kann es reihum nur heißen: Chapeau!


Info:
Die Reihe „Buchen in Concert“ wird am 28. März mit dem von früheren Auftritten in Buchen bekannten „Notos Quartett“ fortgesetzt. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.bucheninconcert.de

Rhein-Neckar-Zeitung vom Mittwoch, 5. Februar 2025, Text und Bild: Adrian Brosch